Samstag, 20. Juli 2019

Azoren - Inseltraum im Atlantik - Teil 4 Inseln Faial und Pico



Faial

 

Nach vier Tagen heißt es nun wieder Abschied nehmen. Die Sonne scheint warm, nur eine laue Brise weht. Sogar die Wassertemperatur dürfte heute mehr als 22 Grad betragen. 
Dementsprechend ruhig verläuft auch der kurze Flug auf die Insel Faial. 


 Sie gehört mit ihren 173 km2 zu der Zentralgruppe und hat etwa 16.000 Einwohner. Bekannt ist die Insel vor allem bei Seglern, die den großen Jachthafen der Hauptstadt Horta gerne ansteuern und so ein wenig internationales Flair verbreiten. Trotzdem verläuft das Leben auch hier in geruhsamen Bahnen. Man vermutet kaum, dass Ende des 19. Jahrhunderts Faial ein zentraler Mittelpunkt des Weltgeschehens war, denn hier verbanden die ersten Unterseetelegraphenkabel Europa und Amerika. 


Horta
  
Auf dem Weg zur Inselhauptstadt durchfahren wir eine liebliche, hügelige Landschaft mit schachbrettartigen Feldern und Wiesen. Durchbrochen wird diese grüne Oase nur durch Tupfer von blauen und rosafarbenen Hortensienhecken, die von unserem Sohn liebevoll "Hortenschen" genannt werden.
 

 


Die Stadt Horta befindet sich im Südosten der Insel und wird von zwei Buchten gesäumt, in deren Mitte ein kleiner Vulkankrater liegt. 


Wir sind überrascht welch reges Treiben hier herrscht und ergattern gerade noch einen Parkplatz. Anschließend starten wir unsere Stadterkundung beim berühmten Jachthafen. Angeblich legen hier über 1.200 Boote pro Jahr an. Ein besonderes Fotomotiv bieten die Hafenmauern, die mit zahllosen bunten Malereien geschmückt sind. Jeder Segler -abergläubisch oder nicht- hinterlässt hier nämlich sein persönliches Kunstwerk, um Schutz und Glück für die Weiterreise zu erhalten.

 
 
 
Hinter der Mole beginnt das Stadtzentrum mit seinen eleganten, weiß gekalkten Gebäuden. Viele der liebevoll restaurierten Herrenhäuser stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Bekannt ist jedoch vor allem das Cafe Peter Sport, eine urige, rustikale Kultkneipe für Seebären, Gestrandete und Schaulustige.





Ponta dos Capelinhos

Wir folgen weiter der inselumrundenden Hauptstraße Richtung Westen. Nach mehreren Fotostopps, beispielsweise bei den Lavabögen und Grotten in der Bucht von Feteiras, erreichen wir schließlich das Gebiet von Capelinhos. 





Hier erwartet uns -beinahe übergangslos - eine karge Mondlandschaft. Plötzlich dringt kein einziger Grashalm mehr durch die Aschewüste, die 1957/58 durch einen Vulkanausbruch entstand. Die Eruption begann seinerzeit auf offener See, mehr als 30 Mio. Tonnen Asche und Lava wurden in die Luft geschleudert. Zahlreiche Häuser und auch der nahe gelegene Leuchtturm wurden verschüttet und zerstört. Durch diese gewaltige Naturkatastrophe verband sich die Vulkaninsel schließlich mit dem Festland, sodass Faial heute um 2,4 km2 größer geworden ist. 

Unter dem alten Leuchtturm wurde vor einigen Jahren ein sehr sehenswertes, modernes Museum eröffnet, welches speziell über den Ausbruch, aber auch über die Entstehung und Geologie der Azoren informiert.


Inselinneres

 
 
Im krassen Gegensatz dazu steht das liebliche Inselinnere, welches wir bei einer Wanderung am nächsten Tag erkunden. 



 


Der Pfad folgt einem alten Wasserkanal ("Levada") durch dichten, urwüchsigen Wald.


Wir passieren mehrere Bäche und Lichtungen und gelangen schließlich zu einer kleinen Brücke, die eine tiefe Schlucht überspannt.

Sichtlich unbeeindruckt von diesem abenteuerlichen Landstrich weiden in der Nähe ein paar Kühe, die uns neugierig beäugen. Denn wie fast überall auf den Azoren sind wir auch hier wieder alleine unterwegs- also wahrscheinlich eine willkommene Abwechslung für die Rinderherde. 


 
 
 Die Levada auf Faial ist einzigartig auf den Azoren. Dieser Wasserkanal aus 1964 war einst 9,5 Kilometer lang und speiste ein Wasserkraftwerk. 1998 wurden große Teile der Anlage durch ein Erdbeben zerstört. Laut unserem Zimmervermieter zählt der fast ebene Levadaweg in heutiger Zeit zu den schönsten Wanderwegen der Insel.   
 
Caldeira

Ebenfalls im Landesinneren befindet sich ein weiteres Überbleibsel der früheren Naturgewalten - die riesige Caldeira. Ihr Durchmesser beträgt über 1,5 Kilometer, sie ist umgeben von 400 Meter hohen Felswänden. Normalerweise ist es hier oben auf über 1000 Meter Seehöhe neblig und bewölkt. 

Glücklicherweise erwischen wir jedoch eine bessere Wetterlage und können das Naturschutzgebiet mit seiner reichen Flora in voller Pracht bestaunen. Doch schon bald ziehen wieder Nebelschleier auf und die Sicht reicht gerade bis zurück zum Parkplatz.

Botanischer Garten
Im Tal von Flamengos befindet sich der einzige Botanische Garten der Azoren. Hier auf 8000m2 Fläche werden endemische Pflanzen vorgestellt und gefährdete Gewächse gezüchtet. Wir erfahren, dass es über 70 Arten gibt, welche nur auf den Azoren vorkommen. Die überall wuchernden Hortensien, die als Wahrzeichen der Inseln gelten, wurden jedoch gegen Ende des 19. Jahrhunderts aus Asien eingeführt und stellen in heutiger Zeit eine große Bedrohung für die einheimische Flora dar.

Pico
Für den nächsten Tag haben wir einen Ausflug auf die nur 6 km entfernte Nachbarinsel Pico geplant.
Sie ist mit 448km2 die Zweitgrößte des Archipels und beherbergt etwa 15.000 Einwohner. 

 


Beherrscht wird Pico vom majestätischen gleichnamigen Berg. Der 2351 Meter hohe Vulkan ist somit die höchste Erhebung Portugals. Meistens versteckt er sich hinter einer dicken Wolkenschicht, dann sind nur noch die steilen Flanken zu erkennen. 


 Er ist nach wie vor aktiv und wird daher genauestens überwacht.
 on seiner - vor allem in der Vergangenheit - regen Aktivität zeugen die schwarzen Lavaböden, die zahlreichen Höhlen und die runden Kraterseen im Inselinneren. 

Auch heute noch werden die schwarzen Lavabrocken als Baumaterial für die Häuser verwendet.


Eine Personenfähre bringt uns in einer halben Stunde nach Madalena, der größten Stadt der Insel. Dort angekommen besorgen wir uns gleich ein Mietauto und versuchen, wenigstens einen kleinen Teil der landschaftlich wunderschönen Insel zu erhaschen. Doch auch das umgebende Gewässer ist interessant, denn Pico zählt zu den Hotspots für Walbeobachtungen. 
 

Weinanbau
Wir starten unsere Rundfahrt zu Füßen des mächtigen Picos und besuchen das berühmte Weinanbaugebiet der Insel. Es wurde sogar von der UNESCO als Welterbe anerkannt. Die Rebflächen werden durch Mauern aus Lavagestein abgetrennt, welche die Weinstöcke vor Wind und salziger Gischt schützen, zudem auch die Wärme besonders gut speichern. Da auf den kleinen Parzellen keine Maschinen verwendet werden können, werden die Reben hier in mühevoller Handarbeit kultiviert. Beispielsweise wird jede einzelne reifende Traube auf einen flachen Stein gelegt. Die ersten Pflanzen wurden schon bei der Besiedlung 1460 angebaut. Einst wurde der edle Tropfen sogar bis nach Russland exportiert.

Inselinneres
Der Bilderbuchvulkan Pico beherrscht den Südwesten der Insel. Daran vorbei führt eine Höhenstraße ins einsame, unbewohnte Inselinnere. 

 Das Hochland ist geprägt von zahlreichen Seen, die sich zwischen dunkelgrünen Kraterhügeln verlieren. 



Die zumeist wilde, ursprüngliche Landschaft gilt als wichtiges Brutgebiet für Vögel. 

Natürlich grasen auch hier Rinder, die gerne mitten auf der Straße innehalten und sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen lassen. Aber so eine Pause mitten im menschenleeren Hochland - mit sagenhafter Aussicht auf das tiefblaue Meer - ist schließlich nie verkehrt. Das Glück ist perfekt, als ich sogar noch ein vierblättriges Kleeblatt finde.

Küste

Schließlich geht es zurück an die Küste. Hier treffen wir wieder auf die inselumrundende Straße, die uns vorbei an einigen Dörfern und Aussichtspunkten retour nach Madalena bringt.


 
 

Vorher stoppen wir jedoch noch im Nordwesten, wo wir einen Spaziergang durch eine bizarre, schwarze Lavawüste unternehmen. Felsbögen, Lavagräben und tiefe Spalten erstrecken sich bis hin zum Meer, das mit Urgewalt gegen die Klippen brandet. Nur zögerlich bricht zartes Grün zwischen den scharfkantigen Brocken hervor.

 
Friedlicher gestaltet sich unsere Rückfahrt auf Faial. Im warmen Abendlicht leuchten die Häuser Hortas besonders einladend, was uns ein wenig vergessen lässt, dass wir für das wunderschöne Pico leider nur einen Tag Zeit hatten. 
 

Weniger erfreut sind wir über den Strafzettel, den wir auf der Windschutzscheibe des am Hafen geparkten Mietautos vorfinden. Auf der nahe gelegenen Tankstelle erfragen wir daher den Weg zur nächsten Polizeistation. Wieder sind wir froh, dass hier Jeder Englisch spricht. Nach einigen Umwegen haben wir schließlich das Gebäude gefunden und begleichen die Strafe wegen Falschparkens. Für den diensthabenden Polizisten sind wir eine angenehme Abwechslung. Er gibt zu, dass die Kennzeichnung im Hafengelände äußerst schlecht ist und auch viele Einheimische nicht wissen, wo genau geparkt werden darf. Unser Sohn findet das Präsidium jedenfalls sehr interessant und würde am Liebsten das Gefängnis sehen. Soweit kommt es natürlich nicht, im Gegenteil, wir erhalten sogar noch einige Reisetipps. 
 

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