Montag, 25. November 2019

Azoren - Inseltraum im Atlantik - letzter Teil 6 Insel Sao Miguel



Nach diesem beeindruckenden Erlebnis müssen wir Abschied nehmen, denn es geht mit dem Flugzeug weiter auf die Hauptinsel Sao Miguel.
Nach den letzten Wochen der Stille und Einsamkeit ist es für uns seltsam und ungewöhnlich, dass wir nun die Sehenswürdigkeiten mit einer Handvoll anderer Touristen teilen müssen und es mehr als einen Supermarkt zum Einkaufen gibt.
Sao Miguel ist die größte Insel des Archipels mit etwa 62 Kilometern Länge und 16 Kilometern Maximalbreite. Auch an Vielfältigkeit ist sie nicht zu überbieten -ein farbenfrohes Sammelsurium und wohl das Beste aller anderen Inseln vereint auf 746,8 Quadratkilometern. . 
Die Landschaft ist sehr abwechslungsreich mit Bergen, Seen, Weiden und Wäldern. Heiße Bäche, dunkle Sandstrände und brodelnde Schlammtümpel bilden starke Kontraste. 
Besiedelt wurde die Insel 1427 vom portugiesischen Festland aus. Der fruchtbare Boden wurde zur Landwirtschaft und als Ackerfläche genützt. Zuckerrohr, Tee, Tabak, Weizen und Ananas wurden kultiviert. In heutiger Zeit leben hier 140.000 Menschen.

Ponta Delgada
Die Inselhauptstadt an der Südküste ist gleichzeitig Verwaltungszentrum der Provinzialregierung der Azoren.
Im lebhaften Zentrum leben etwa 21.000 Einwohner, also eine richtige Großstadt. Wir unternehmen einen Stadtspaziergang, wo wir zahlreiche Kirchen, Paläste sowie moderne Bürotürme bewundern können. Verspielte Fassadendetails und ein gekonnter Mix an verschiedensten Architekturstilen erfreuen das Auge. Glücklicherweise sind große Teile der Innenstadt Fußgängerzone, natürlich mit entsprechend schwarz-weißer Kopfsteinpflasterung. Das Wahrzeichen von Ponta Delgada ist das fragil wirkende Stadttor mit seinen 3 Bögen aus dem Jahr 1793. Dahinter erstreckt sich der Hafen mit Kreuzfahrtterminal, Fähr- und Jachthafen.
Anschließend möchten wir den urwüchsigen Stadtpark António Borges besuchen, der jedoch leider geschlossen hat. Wir können nur einen flüchtigen Blick auf uralte Palmen und Riesenfarne erhaschen.
 





Südküste
Östlich von Ponta Delgada reihen sich mehrere Straßendörfer aneinander. Auch einige einladende Sandstrände zum Baden gibt es hier. Einer der sehenswerten Orte ist zweifellos Caloura mit alten Villen, einem ehemaligen Nonnenkloster und einem Schwimmbad, welches direkt in die Felsen der zerklüfteten Küste gebaut wurde. 






Vila Franca do Campo
Hoch über der Stadt Vila Franca do Campo liegt das Kirchlein Ermida da Nossa Senhora da Paz. Es ist nur über eine kühn gestaltete Treppengalerie mit wunderschönen blau-weißen Fliesenbildern ("Azulejos"), die den Leidensweg Christi thematisieren, zu erreichen. Oben angekommen, genießen wir einen herrlichen Ausblick über die Stadt und die davor gelegene Insel. Vila Franca war einst die Hauptstadt Sao Miguels. Doch 1522 wurde sie von einem Erdbeben komplett zerstört. In heutiger Zeit leben hier nur noch etwa 5.000 Einwohner.

 
Natürlich besuchen wir auch die gleichnamige kleine Insel etwa 1 Kilometer vor der Stadt, denn diese ist ein besonderer Platz zum Baden. Das felsige Naturschutzgebiet ist aus dem Krater eines unterseeischen Vulkans entstanden und bietet in seinem Inneren ein kreisrundes lagunenartiges Naturschwimmbecken. Nur ein enger Kanal schafft eine Verbindung mit dem Meer. 



Lagoa do Congro
Wir fahren weiter ins Inselinnere, als wir einen Wegweiser zum "Lagoa do Congro" entdecken. Unser Reiseführer schweigt dazu, also wissen wir nicht im Geringsten, was uns erwarten wird. Schließlich erreichen wir einen holprigen Feldweg mit einem weiteren Schild. Diesen tuckern wir entlang bis zu einer Verbreiterung, die anscheinend als Parkbucht zu nützen ist. Von hier aus startet nämlich ein Pfad durch den Wald. Etwa 15 Minuten wandern wir bergab, bis plötzlich zwischen den Bäumen der smaragdgrüne See hervorblitzt. Wir sind vollkommen alleine hier und genießen die Stille der Natur. Das wildromantische Gewässer ist somit ein richtiger Geheimtipp.




Miradouro do Castelo Branco
Nicht weit davon entfernt zeigt sich die Landschaft wieder von einer anderen Seite. Üppig grüne Wiesen und liebliche Hügel ziehen sich sanft bis hin zum Meer. Erinnerungen an Schottland werden wach, vor allem als wir den Aussichtspunkt Castelo Branco erreichen. Denn hier thront auf 650 Meter Seehöhe -mitten im menschenleeren Hochland - ein zweistöckiger, massiver Turm, der glatt aus einem Märchen entsprungen sein könnte.
Von der zinnenbekrönten Plattform genießen wir einen grandiosen Rundumblick über Vila Franca do Campo bis hin zum malerischen Tal von Furnas.



Tal von Furnas


Zu den Highlights Sao Miguels zählt unbestritten das herrliche Tal von Furnas mit seinen 22 heißen Thermalquellen. Der Kurort mit etwa 1500 Einwohnern liegt in einem fruchtbaren Vulkanbecken, das durch die Kraterwände vor kalten Winden geschützt ist. 





Dementsprechend wurde schon 1780 ein botanischer Garten angelegt, der mit seinen verschlungenen Pfaden, romantischen Wasserläufen und exotischen Blumen unbedingt sehenswert ist. Nach mehreren Erweiterungen hat die Anlage heute über 12 Hektar und beherbergt einen Garten Eden der verschiedensten Pflanzen aus aller Welt. 










Ein weiterer Superlativ des Parks ist das große eisenhältige Thermalpool mit 38 Grad Celsius warmem ockergelben Wasser. 
 Wir sind froh, im dazugehörigen Hotel "Terra Nostra" untergebracht zu sein, denn so können wir zu jeder Tages- und Nachtzeit den Park und das Pool frei betreten. Es ist einfach paradiesisch, die erlebnisreichen Tage im heißen Wasser unter dem unendlichen Sternenhimmel ausklingen zu lassen.
  

                                                   

Ebenfalls sehr entspannend finden wir ein Bad im Thermalbach des Ortes. Im "Poca da Dona Beija" wurden mehrere Becken mit unterschiedlicher Tiefe und Temperatur abgetrennt. Nicht nur das Wasser, sondern auch die idyllische Natur rundherum macht einen Aufenthalt hier sehr kurzweilig.



Die vulkanischen Aktivitäten zeigen sich auch am östlichen Ende des Dorfes, bei den so genannten Caldeiras. Ein beißender Schwefelgeruch liegt in der Luft und dampfende Fumarole zischen vor sich hin. 98 Grad Celsius heißes Wasser brodelt in einer der Quellen, daneben blubbern Schlammtöpfe. Jede der Caldeiras hat einen eigenen Namen und soll bei verschiedensten Erkrankungen, wie z.B. Kreislaufstörungen, Magenbeschwerden oder Rheuma helfen. Einige der mineralhältigen Quellen sind kühl genug, um getrunken werden zu können.




Etwas oberhalb des Dorfes liegt der gleichnamige See Lagoa das Furnas. Er ist der Zweitgrößte der Insel und liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.
Auch hier zeigen sich die enormen vulkanischen Kräfte, denn es zischt und brodelt aus zahlreichen Erdspalten. Diese Caldeiras werden zu einem außergewöhnlichen Zweck genutzt. Vormittags wird ein Kochtopf mit Fleisch, Würstchen und Gemüse in zuvor ausgegrabene Erdlöcher versenkt. Dort kocht er mehrere Stunden vor sich hin, bis die Zutaten butterweich sind. Dieser Eintopf heißt "Cozido das Furnas" und gehört zu den kulinarischen Spezialitäten der Insel.
Den besten Ausblick auf den See genießen wir anschließend vom Aussichtspunkt "Pico do Ferro", einer 570 Meter hohen Bergspitze westlich von Furnas.



Osten
Dünn besiedelt und zerklüftet durch Schluchten und hohe Bergrücken präsentiert sich der Osten Sao Miguels.
Hübsche Ortschaften wie Nordeste oder Maia laden zum Verweilen ein. Einsam thront der Leuchtturm von Maia auf einem Felsen hoch über der tosenden See. Auch der künstliche Wasserfall und die restaurierte Mühle im lieblichen Flusstal Ribeira dos Caldeiroes bei Achada sind einen Besuch wert.




Nicht weit davon entfernt gibt es sogar Teeplantagen zu besichtigen. Die Manufaktur "Cha Gorreana" ist seit Generationen ein Familienbetrieb mit mehr als 30 Hektar Anbaufläche. Die Gesamtproduktion beläuft sich auf etwa 40 Tonnen Schwarz- und Grüntee pro Jahr.
Leider beginnt es zu regnen, sodass der geplante Spaziergang durch die matschigen Teefelder äußerst kurz ausfällt.

Bevor wir weiter in östliche Richtung fahren, machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Lagoa de Sao Bras. Dieser sehr abgelegene Kratersee liegt idyllisch am Fuße eines dichten Nadelwaldes. Kaum nähern wir uns dem Gewässer, werden wir schon von einer Horde neugieriger Enten belagert. Die Tiere sind sehr zutraulich und lassen sich nicht vom strömenden Regen abhalten.



Ein traumhafter Aussichts- und Picknickplatz ist der Ponta da Madrugada. Die Landschaft wirkt wie ein farbenprächtiges Gemälde mit leuchtenden Blumen, dem tiefblauen Ozean und dem dunklen Grün der Hügel.


 

 

Nahe der Stadt Povoação wurde 2004 eine alte Weizenmühle restauriert und in ein anschauliches Museum - das Museu do Trigo - umgewandelt Hier soll die Erinnerung an alte Traditionen und Handwerke am Leben gehalten werden.. Bis auf das Wasserrad ist alles noch im Originalzustand erhalten geblieben. Wir bekommen eine interessante Führung durch die Räumlichkeiten der Mühle und fühlen uns in alte Zeiten zurück versetzt.


Inselmitte
Wie ein verwunschener Ort liegt mitten im Gebirge das Tal von Lombadas.
Eine raue Panoramastrasse schmiegt sich an die Berghänge und führt vorbei an Schluchten und Wasserfällen. In Lombadas gab es einst eine Abfüllanlage für Mineralwasser. Die Fabrik wurde jedoch 1999 von einem Hochwasser zerstört. Die Natur holt sich nun langsam auch noch die spärlichen Überreste des Gebäudes zurück. Die gefasste Quelle ist jedoch noch vorhanden und versteckt sich hinter Büschen in einem urwüchsigen Moorgebiet. Einst wurde dem Mineralwasser sogar Heilwirkung nachgesagt und es galt daher als bestes der Insel. Das frische Nass schmeckt wirklich hervorragend!

















 



Ein urwüchsiges Paradies ist das Gebiet Caldeira Velha. Inmitten des Dickichts mit meterhohen Farnen verbirgt sich ein Thermalwasserfall.
Ein tolles Erlebnis - denn wer kann schon von sich sagen, einmal unter einem warmen Wasserfall geschwommen zu sein? Auch flussabwärts wurde das Wasser zu einem Becken gestaut und lädt zum Plantschen ein.

 

Einer der schönsten Seen der Insel ist der Lagoa do Fogo. Er liegt im Gebirge und ist komplett unverbaut. Es gibt mehrere beschilderte Aussichtspunkte, die einen grandiosen Blick auf das Naturjuwel erlauben. Das Ufer des Kratersees ist nur über einen Fußweg zu erreichen und dementsprechend ruhig. Wir können uns kaum satt sehen an der tiefblauen Farbe, als plötzlich Nebelschwaden aufziehen. Binnen Minuten ist das drittgrößte Gewässer Sao Miguels komplett eingehüllt.


Nord- und Westküste
Viele Gesichter zeigt auch die Nordküste der Insel. Schroffe Felswände, nette Fischerdörfer und malerische Aussichtspunkte wechseln einander ab. Natürlich ist es auch hier überall grün, jedoch dürfte das Klima rauer sein und der Ozean brandet mit lautem Tosen gegen die Klippen. 
Schließlich statten wir der Likörfabrik Mulher de Capote einen kurzen Besuch ab. Hier erhalten wir eine Führung durch das Fabriksgebäude und eine Kostprobe von Anis- Maracuja- und Ananaslikör. Wir erfahren, dass die Liköre zwei Jahre in Eichenfässern reifen, bevor sie abgefüllt werden. Natürlich gibt es auch einen angeschlossenen Verkaufsshop, ideal für Mitbringsel.

Auf den ersten Blick wirkt die westliche Landspitze karg und abweisend. Eine steile Serpentinenstraße führt hinab zum Ponta da Ferraria. Doch das einzige Gebäude weit und breit ist tatsächlich ein Thermalbad. Leider ist die ziemlich neu wirkende Anlage bei unserem Besuch geschlossen. Daneben startet jedoch ein kurzer Fußweg zu einem natürlichen Meerwasserbecken, das durch unterseeische heiße Quellen angenehme Badetemperaturen aufweist.

 

Seengebiet
Das Beste hebt man sich für den Schluss auf! Im Westen der Insel befinden sich mehrere unvergleichlich schöne Vulkanseen. Einer großartiger als der andere und jeder für sich ein Postkartenmotiv.

Das bekannteste und größte Gewässer Sao Miguels ist der Lagoa des Sete Cidades, gelegen in einem riesigen Kraterbecken von 12 Kilometer Durchmesser. Er besteht aus zwei Teilseen, dem größeren blauen See "Lagoa Azul" und dem kleineren grünen See "Lagoa Verde". Die beiden Teile sind durch einen schmalen Durchlass miteinander verbunden und von fast senkrechten Kraterwänden umgeben.
Die beste Aussicht auf die Seen - inklusive fotogener Hortensienhecken- gibt es beim "Vista do Rei", dem Königsausblick am oberen Kraterrand. Wir haben wieder einmal riesiges Glück mit dem Wetter. Die vorbeiziehenden Wolken spiegeln sich malerisch im 300 Meter tiefer gelegenen Wasser.
Natürlich ranken sich um so ein einzigartiges Naturwunder auch einige Legenden, eine davon handelt von einer Prinzessin und ihrem Liebsten, einem armen Schäfer. Als der König von der Verbindung erfuhr, wurden die Beiden gezwungen, sich zu trennen. So trafen sie einander ein letztes Mal. Aus den blauen Augen der Prinzessin und den grünen Augen des Schäfers traten bittere Tränen, die schließlich die zwei Seen bildeten und noch heute auf das Leid der unglücklichen Liebe hinweisen.
Dieser Ort erzählt nicht nur von traurigen Märchen, sondern auch von gescheiterter Hoffnung. Oberhalb des Aussichtspunktes steht nämlich eine gewaltige Hotelruine aus den 1980-er Jahren. Die 5 Sterne Anlage mit 170 Betten war nur ein Jahr lang in Betrieb. Die Gäste blieben aus, der Betreiber ging in Konkurs.




Gleich in der Nähe liegt der kleinere Lagoa de Santiago. Der türkisgrüne Kratersee ist von dichtem Wald umgeben und liegt tief unter uns in einer Senke. Ein Abstieg ist nicht möglich, doch der Blick vom Aussichtspunkt ist sehr eindrucksvoll.

Inmitten eines Naturschutzgebietes, etwa 10 Kilometer entfernt, befindet sich der Lagoa do Canario. Nebelfetzen schweben über den dunklen Tannen dahin und lassen diesen einsamen Ort geheimnisvoll wirken. Nur die vielen quakenden Frösche und das Vogelgezwitscher zeugen von einer gewissen Lebendigkeit. Unserem Sohn gefällt es hier besonders gut, denn zwischen den vielen Farnen am Ufer kann man wunderbar fangen spielen.

                        
 Die beiden stillen Seen Lagoas das Empadadas finden wir ebenfalls abseits der Hauptroute. Auch sie sind ein verborgener Schatz inmitten eines Waldgebietes. Das nördliche der beiden Gewässer hat die ungewöhnliche Form einer Acht und ist umgeben von blühenden Azaleen. Im 16 Jahrhundert bauten die Einheimischen ein Aquädukt, um das glasklare Wasser nach Ponta Delgada zu transportieren. Die Reste der alten Wasserleitung finden sich noch immer versteckt zwischen grünem Dickicht. 




Mit diesen verwunschenen Seen endet leider unsere fast 4-wöchige Reise auf die Inseln. Wir haben hier ein faszinierendes Paradies auf Erden gefunden. Eine abgeschiedene Welt inmitten von Nirgendwo - ein Sehnsuchtsziel mit Suchtfaktor. 


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