Mittwoch, 4. September 2019

Azoren - Inseltraum im Atlantik - Teil 5 Insel Sao Jorge



Sao Jorge

Am nächsten Morgen brechen wir zur Insel Sao Jorge auf, die etwa 40 Kilometer Luftlinie entfernt liegt. Die Morgenfähre bringt uns in nicht einmal 2 Stunden zur Hauptstadt Velas. 



Dabei passieren wir einen absolut wolkenlosen, majestätischen Pico. Wir können unser Glück kaum fassen, denn laut dem gesprächigen Polizisten von gestern Abend soll sich der Berg mehr als 300 Tage im Jahr hinter Nebelschwaden verstecken. 







 
 
Unzählige Fotos später wenden wir unseren Blick nach Backboard und bekommen so einen ersten Eindruck von der lang gezogenen Insel Sao Jorge. Sie hat eine Fläche von 245 Quadratkilometern, ist 54 Kilometer lang, aber maximal 7 Kilometer breit. Die Insel ist sehr gebirgig und die Klippen fallen schroff ins Meer. 






Darunter befinden sind über 40 "Fajas" (es ist beinahe unmöglich dieses Wort als Nicht-Portugiese korrekt auszusprechen) - flache Landzungen am Fuß der Steilküste.

Entstanden sind sie durch Lava, welches auf dem Weg ins Meer erstarrte oder durch Hangrutsche und Erdbeben. Durch das spezielle Mikroklima und den fruchtbaren Vulkanboden gedeihen auf den Küstenebenen sogar tropische Früchte wie Bananen, Feigen oder Mangos. Sogar Kaffe und Tabak wird hier angebaut.
Auf einigen der Fajas befinden sich kleine Siedlungen, die früher nur durch Fußwege erreichbar waren. In heutiger Zeit schlängeln sich abenteuerliche Serpentinenstraßen in die Tiefe.
Im Hochland wiederum wird wie auf den anderen Inseln Viehzucht betrieben. Den 9.000 Einwohnern stehen genau so viele Rinder gegenüber. Sao Jorge gilt als Insel des Käses. Er wird seit dem 15. Jh. hergestellt und zeichnet sich durch seinen würzigen Geschmack aus.

Velas
Auch die Inselhauptstadt Velas mit ihren 2000 Einwohnern befindet sich am Fuß des mächtigen Bergrückens. Von oben wirken die weißen Häuschen mit ihren roten Dächern wie eine Spielzeug Siedlung. 
 

In der Altstadt angekommen, unternehmen wir einen kleinen Spaziergang durch die blitzblanken Gassen mit ihren schönen Pflastersteinen. Großartige Sehenswürdigkeiten gibt es hier nicht, doch es macht Spaß, durch die Straßen zu schlendern und die hübschen Bauwerke zu bewundern.  


Hochland

Wie schon erwähnt ragt Sao Jorge wie ein Drachenrücken aus dem Meer. Vielleicht wurde die Insel deshalb nach dem Heiligen Georg, dem Drachentöter benannt?

Die gewaltigen Steilküsten im Norden und Süden erreichen eine Seehöhe von über 1000 Meter. 
Im Inselinneren gibt es kaum Siedlungen und viele Straßen sind nicht geteert. Aufgrund der herben Schönheit der Landschaft gilt das Hochland als Paradies für Wanderer. Weitreichende Ausblicke nach Terceira und Pico üben zusätzlichen Reiz aus.

Es ist wohl kaum mehr möglich, aber hier erreicht das Wort "Einsamkeit" tatsächlich eine neue Steigerung. Wir marschieren durch blühende Wiesen, rechts und links säumen Hortensienhecken den schmalen Pfad. Weit unter uns schimmert das Meer in den verschiedensten Blautönen. Wir lassen uns einfach treiben, als uns unerwartet ein Pärchen entgegen kommt. Freudestrahlend erklären sie uns, dass sie froh sind, nach mehr als 5 Stunden endlich auf Jemanden zu treffen! Wir legen nun ein Stück des Weges gemeinsam zurück, bevor wir weiter nach Westen fahren.

Westen
 
Am äußersten Zipfel der Insel wird die Landschaft lieblicher. Die Hügel fallen flacher ins Meer und die Region galt lange Zeit als Kornkammer der Insel.
 


Am westlichsten Punkt, dem "Ponta dos Rosais" stehen die Reste eines Leuchtturms, der wegen Einsturzgefahr leider nicht betreten werden darf. 









 

In unmittelbarer Umgebung befindet sich der wunderschöne Park "Parque Florestral Sete Fontes". Die 12 Hektar große Anlage mit Zedernwäldern, Blumen, Baumfarnen und Bächen erfreut jeden Naturliebhaber. Auch unser Sohn kommt auf seine Kosten, denn bei diesem Picknickplatz gibt es Hirsche, Schweine, Enten und Kaninchen zu füttern. 







Poca de Simao Dias
Zu den schönsten Badeplätzen Sao Jorges zählt zweifellos das natürliche Becken "Poca de Simao Dias".
Inmitten von eindrucksvollen Lavaformationen führt eine Leiter hinunter ins glasklare Wasser.
Die Bucht ist rundherum von Felsen umgeben, daher gibt es nahezu keine Wellen. Auch Quallen können die natürliche Barriere nur bei sehr starkem Seegang überwinden. Leider ist das Wasser ziemlich kalt.  









Osten
 

Nach diesem erfrischenden Bad führt uns die einzige Straße weiter in Richtung Osten- immer dem Bergrücken entlang. Tief unter uns befinden sich einige Fajas. Viele davon wurden in den letzten Jahrzehnten verlassen, denn nicht in alle Fajas führen Straßen. Manche sind nur mit dem Boot erreichbar bzw. über abenteuerliche Pfade. 






Faja dos Cubres
Eine der fotogensten Landzungen ist zweifellos die Faja dos Cubres mit ihrem See. Diese ist durch eine natürliche Geröllbarriere vom Meer getrennt und ein bedeutender Vögelbrutplatz.
Hier wohnen noch einige Dutzend Menschen, sogar ein Cafe gibt es im Ort neben der leider verschlossenen Kirche.
Ein kurzer Spaziergang führt uns rund um den See mit seinen kleinen Inselchen und den lautstark krächzenden Seevögeln. 

Am Ende der Bucht wird es schließlich wieder ruhiger. Hier beginnt ein 5 Kilometer langer Wanderweg zur benachbarten Fajã da Caldeira do Santo Cristo, auf der ebenfalls ein See liegt, in dem Miesmuscheln gezüchtet werden

Auch im Inselosten gibt es ein Erholungsgebiet, den Parque da Silveira. Baumhohe Farne, duftende Blumen und einige alte Wassermühlen säumen das Wegenetz durch den Park. Natürlich dürfen auch Grillmöglichkeiten und ein Kinderspielplatz nicht fehlen. Neugierig werden wir von zwei Straußen beäugt, die ihr Gehege gleich neben der Kinderschaukel haben.



An der Ostspitze der Insel befindet sich der beschauliche Ort Topo mit seinem gleichnamigen Leuchtturm. Seit 1927 ist er in Betrieb und blickt seitdem auf das unbewohnte Inselchen Ilheu do Topo, das als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurde.
Besonders interessant sind die rostroten, senkrechten Felsen, die den Hafen wie eine Mauer umgeben.  

Bootsfahrt
Am unserem letzten Tag auf Sao Jorge mieten wir uns ein Motorboot und fahren mehrere Stunden entlang der Südküste. Auch vom Wasser aus bietet die Insel eine überwältigende Naturkulisse.
Senkrechte, zerklüftete Felsen, Wasserhöhlen und terrassenförmig angelegte Gärten wechseln einander ab. Selten wagen sich die Siedlungen bis hinunter zur Wasserkante. Beeindruckend ist nicht nur die steile Küstenlinie, sondern auch die Nebelbänke, die knapp über der Hochfläche dahinziehen. Minutenlang hüllen sie das Land wie das mystische Avalon ein, kurze Zeit später bahnt sich wiederum die Sonne ihren Weg durch den grauen Nebelschleier.
Viel zu bald müssen wir wieder umkehren. Auf dem Rückweg in die Inselhauptstadt Velas begleitet uns sogar eine Gruppe von Delfinen. Wir sind überwältigt, die Tiere so nahe in ihrer natürlichen Umgebung beobachten zu können. Lange Zeit schwimmen sie neben, unter und vor uns, bevor sie wieder in der Tiefe des Atlantiks verschwinden.

 

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